Jäger haben viele Aufgaben. Wildunfällen nachgehen, Kitze vor dem Mähtod retten, Äsungsflächen und Biotope schaffen – alles ist hinlänglich bekannt. Im Bereich des Natur- und Artenschutzes kommt zunehmend der Bereich des Monitoring dazu.

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Gerissener Rehbock

Hier ein Beispiel aus der Praxis:
An einem Sonntagmorgen klingelt schon früh das Telefon. Ein Spaziergänger meldet sich: „Bei Ihnen in der Jagd liegt ein totes Reh, direkt an einem Wanderweg. Vermutlich wurde es wohl angefahren.“. Vor Ort wartete dieser aufmerksame Mann auf den Jäger. Als dieser eintraf, war die Lage schnell erkannt. Es war kein klassisch verunfalltes Wild, sondern ein junger Bock, der offensichtlich frisch gerissen wurde. Äußerlich waren keine Spuren sichtbar, außer der schweißverschmierte Bereich um die Drossel.

Drosselbiss
Drosselbiss

Erst vor ein paar Tagen wurde hier ein Hund eingefangen, der fernab seines Herren durch die Hecken stöberte und Rehwild hetzte. So schien der Fall zunächst klar. Bei genaueren Überlegungen kamen dann aber Zweifel auf. Ein Hund, der ein Stück Rehwild reißt, ohne auch nur eine Spur am Wildkörper zu hinterlassen, außer besagtem Drosselbiss – das muss ja schon ein ausgesprochener Profi sein.

Vermessen der Bissspuren
Vermessen der Bissspuren

Oder war es vielleicht ein natürlicher Prädator wie der Luchs, der vielleicht bei seinem geplanten Mahl gestört wurde und so eine unversehrte Beute hinterließ? Diese Sache musste untersucht werden. Aus diesem Grund wurde der junge Bock dann in die Kühlkammer verfahren, um weitere Schritte zu klären.
Ein Anruf beim zuständigen Veterinäramt sollte der Sache etwas Schwung verleihen. Nachdem ein paar Bilder des Fundes gemailt wurden, schließe man die Möglichkeit nicht aus, dass es sich tatsächlich um einen Luchsriss handle. Die zuständigen Luchsbeauftragten würden informiert. Wenige Zeit später meldete sich eine Luchsbeauftragte und kündigte sich für den nächsten Tag zur Untersuchung des Luchses an.
An der Wildkammer eingetroffen, wurde das Reh zunächst äußerlich begutachtet. Alle sichtbaren Verletzungen wurden feinsäuberlich per Bild und Schrift dokumentiert und es wurde an den offenkundigen Bissstellen ein Abstrich gemacht. Dieser sollte später zur Durchführung eines DANN Tests dienen. Als dies erledigt war, wurde das Reh nun aus der Decke geschlagen. Dies geschah sehr vorsichtig, fast in Millimeterarbeit. Was normalerweise bei der Verarbeitung eines geschossenen Rehs in wenigen Minuten erledigt ist, dauerte nun zwei Stunden. Danach folgte, so wie vor diesem Arbeitsgang, eine ausgiebige Dokumentation des sich darbietenden Bildes der Bisswunden.

Freilegen der Bissverletzungen
Freilegen der Bissverletzungen

Als diese „blutige“ Arbeit nun getan war, ging es raus ins Revier. Die genaue Fundstelle wurde aufgesucht und per GPS eingemessen, die Fundsituation wurde genauestens dokumentiert und es folgten natürlich auch hier wieder etliche Fotos.

Bisswunde an der Drossel
Bisswunde an der Drossel

Das weitere Verfahren ist nun ein langwieriger Prozess, auf den der Jäger keinen Einfluss mehr hat. Die Proben werden in einem Landesinstitut untersucht, die Dokumentation wird bewertet und anhand der erhaltenen Daten lassen sich dann Schlussfolgerungen ziehen.

Auf diese Weise unterstützen die Jäger die wichtige Arbeit im Bereich des Prädatoren-Monitorings. Sie sind es, die täglich „draußen“ sind und ihre Ecken besser kennen, als jeder andere. Ein solches Hand-in-Hand Arbeiten ist wichtig und schafft Vertrauen.
Der Ausgang der geschilderten Situation ist bislang noch offen, da es im Landesinstitut so viel zu beprobendes Material gibt, dass es Monate dauert, bis ein solcher Fall verifiziert wird.

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